„MV liest“ in der Hörspielscheune Cramon startet dritte Runde
„Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“ ist der erste literarische Roman der Journalistin Alena Schröder. Er schaffte es auf die Spiegel-Bestsellerliste. Am 24. Juni 2022 war die Autorin zu Gast bei MV liest – dem literarischen Podcast aus Mecklenburg-Vorpommern in der Hörspiel- und Begegnungsscheune Cramon und hat mit Journalistin Manuela Heberer über ihr Buch gesprochen.
Die Hauptfigur spielt darin die 27-jährige Hannah, für die ein Brief aus Israel alles verändert. Darin wird ihre Großmutter Evelyn als Erbin eines geraubten und verschollenen Kunstvermögens ausgewiesen. Die alte Frau aber hüllt sich in Schweigen. Warum weiß Hannah nichts von der jüdischen Familie? Und weshalb weigert sich ihre einzige lebende Verwandte, über die Vergangenheit und besonders über ihre Mutter Senta zu sprechen? Die Spur der Bilder führt zurück in die 20er-Jahre, zu einem eigensinnigen Mädchen. Gefangen in einer Ehe mit einem hochdekorierten Fliegerhelden, lässt Senta alles zurück, um frei zu sein. Doch es brechen dunkle Zeiten an.
Alena Schröder hat in ihrem Roman autobiografische Details verarbeitet. Die Journalistin lebt in Berlin. Sie hat Geschichte, Politikwissenschaft und Lateinamerikanistik in Berlin und San Diego studiert und die Henri-Nannen-Schule besucht. Nach einigen Jahren als Redakteurin in der ›Brigitte‹-Redaktion arbeitet sie heute frei u.a. für die ›Brigitte‹ und das ›SZ-Magazin‹. Gemeinsam mit Till Raether spricht sie in ihrem Podcast »sexy und bodenständig« über das Schreiben. Sie ist Autorin mehrerer Sachbücher sowie fiktionaler Bücher.
Im MV-liest Podcast verrät sie u. a., welche Verbindungen ihre Familie zu Uwe Johnson hat und wie die wahre Geschichte über Nazi-Raubkunst, die möglicherweise ihrer Familie zustehen würde, ausgegangen ist.
Die Autorin Katharina Höftmann-Ciobotaru war am 22. April zu Gast in der Hörspiel- und Begegnungsscheune Cramon beim Literaturpodcast MV liest. Im Mittelpunkt stand ihr erster literarischen Roman „Alef“, der im März 2021 erschienen ist.
Katharina Höftmann-Ciobotaru wurde 1984 in Rostock geboren, studierte Psychologie und deutsch-jüdische Geschichte in Berlin, ist freie Journalistin und hat bereits mehrere Kriminalromane und Sachbücher veröffentlicht. Seit einigen Jahren lebt sie mit ihrer Familie in Tel Aviv. Im April ist sie auf Lesereise in Deutschland und macht auch Station in Cramon.
Im Gespräch mit Journalistin Manuela Heberer stellt die Autorin ihr Buch „Alef“ vor. Darin geht es um Maja, die in Ostdeutschland aufwächst. Ihre Mutter Astrid ist eine Karrierefrau, sie hat zwar ein Alkoholproblem, geht aber aus der Wende als Gewinnerin hervor. Majas Vater Wolf weiß hingegen nach der Wende nichts mehr mit sich anzufangen. Ein Teil der Familie driftet nach rechts. Und es geht um Eitan, dessen Vater mit Holocaust-Überlebenden aufgewachsen ist – Eitans Großmutter hat Theresienstadt zwar überlebt, sitzt seitdem aber tagtäglich am Fenster und wartet auf die Rückkehr ihres in Auschwitz ermordeten Bruders Sigi. Seine Mutter stammt aus dem Irak, aus dem ihre Familie nach einem Pogrom nach Israel geflohen ist. Als Maja und Eitan sich begegnen, prallen zwei Welten und zwei Leben aufeinander. Eigentlich ist es die eine, die ganz große Liebe. Aber Eitan fühlt sich nicht wohl in Deutschland und Maja nicht in Israel. Für Eitan ist es wesentlich, dass Maja Jüdin wird, doch sie kämpft mit dem Glauben. Alef erzählt die Geschichte zweier Familien, einer deutschen und einer israelischen. Es ist eine Geschichte von Schicksalsschlägen und Veränderungen, von Schuld und davon, was Liebe überwinden kann – und was nicht.
Die Lesungen finden in der Hörspiel- und Begegnungsscheune Cramon in Kooperation mit dem Förderverein Kirche und Pfarrhofensemble Cramon statt. Gefördert wird die Reihe im Jahr 2022 im Rahmen des Projekts „Und seitab liegt die Stadt“, ein Projekt der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und des Literarischen Colloquiums Berlin, welches literaturbezogene Kulturveranstaltungen im ländlichen Raum unterstützt, sowie dem Landkreis Nordwestmecklenburg. Jahresthema 2022 ist „Zukunft“.
Steffen Dobbert war am 24. September 2021 zu Gast bei MV liest – dem literarischen Podcast in der Hörspiel- und Begegnungsscheune Cramon. Wir haben mit ihm über sein Buch „Heimatsuche“ gesprochen, das 2020 im Hinstorff-Verlag erschienen ist und seitdem Wellen schlägt. Begleitet wurde die Lesung von Liedermacher Jürgen Maeno, den Dobbert während seiner Lesereise kennengelernt hat. Wo es passt, treten beide nun zusammen auf.
Steffen Dobbert wurde 1982 in Wismar geboren und arbeitet u.a. für die ZEIT und ZEITonline. 2017 erhielt er den Deutschen Reporterpreis für ein Interview, das er mit dem britischen Brexit-Politiker Nigel Farage führte. Für sein Buch „#Heimatsuche“ ist Steffen Dobbert nach vielen Jahren in seine ursprüngliche Heimat zurückgekehrt. Er war neugierig und gespannt, was sich in diesem Land Mecklenburg-Vorpommern seitdem verändert hat. Wismar, Gadebusch und Schwerin waren frühe Lebensorte, die er mit knapp 20 verlassen hat, um ein ausgezeichneter Journalist zu werden. Dann, knapp 30 Jahre nach Gründung Mecklenburg-Vorpommerns, machte er sich auf eine Reise. Eine Reise in 80 Tagen durch jene Welt, die Heimat war (und sich noch immer so anfühlt). Was also ist Heimat? Steffen Dobbert erkundet ein Land, dem er ganz nah kommt, auch wenn manches fremd bleibt. Spricht mit Menschen, erfährt Verletzungen und Klischees, entdeckt vor allem Unbekanntes. Steffen Dobberts Reise in den Nordosten Deutschlands ist eine in das Innere unserer Republik. In ein Land wie das Leben selbst. Mal fröhlich, mal traurig, mal irritierend, meist versöhnend. Und immer aufregend und abwechslungsreich.
Die 2020 für den Literaturpreis Mecklenburg-Vorpommern nominierte Autorin Theresa Steigleder ist zu Gast in der Hörspiel- und Begegnungsscheune in Cramon. Sie ist nicht nur Autorin, sondern auch erfolgreiche Poetry Slammerin, war 2017 sogar Vize-Landesmeisterin in MV. Theresa Steigleder wuchs in einem kleinen Dorf im Thüringer Wald auf. Nach ihrem Bachelorstudium in Erfurt zog sie 2013 nach Greifswald, um dort 2016 ihr Masterstudium der Vergleichenden Literaturwissenschaft abzuschließen. Im selben Jahr stand sie zum ersten Mal mit eigenen literarischen Texten auf der Bühne. Seit 2017 hat sie Auftritte in ganz Deutschland bei Poetry Slams und Lesebühnen. Im Sommer 2017 gründete sie die Lesebühne „Das Stille Wörtchen“ in Greifswald, die einmal im Monat im Jugendzentrum Klex stattfindet. Außerdem gibt sie Workshops zum kreativen Schreiben und arbeitet gerade „im Schneckentempo“ an einem Roman, wie sie sagt.
Wie Theresa Steigleder die mecklenburgische Landschaft in ihren Texten verarbeitet, erzählt sie im Interview mit Journalistin Manuela Heberer.
Die 2020 mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnete Autorin Helga Schubert ist zu Gast beim Literaturpodcast MV liest. Im Fokus des Gesprächs steht ihr neues Buch „Vom Aufstehen“, welches im März erschienen ist und aktuell die Bestsellerlisten stürmt. In kurzen Episoden erzählt Helga Schubert darin ein deutsches Jahrhundertleben – ihre Geschichte, sie ist Fiktion und Wahrheit zugleich. Als Kind lebt sie zwischen Heimaten, steht als Erwachsene mehr als zehn Jahre unter Beobachtung der Stasi und ist bei ihrer ersten freien Wahl fast fünfzig Jahre alt. Doch vor allem ist es die Geschichte einer Versöhnung: mit der Mutter, einem Leben voller Widerstände und sich selbst.
Daneben spricht die Autorin auch über ihr Buch „Die Welt da drinnen: Eine deutsche Nervenklinik und der Wahn vom „unwerten Leben“, in dem sie sich mit Patientenschicksalen in der Schweriner Nervenklinik auseinander setzt. Helga Schubert hat für das Buch, das demnächst neu aufgelegt werden soll, 179 Patientenakten aus dieser Zeit ausgewertet und die Schicksale der Patienten nachgezeichnet. „Es ist der Kontrast von dem landschaftlich idyllisch gelegenen Ort mit klassizistischen Gebäuden in unmittelbarer Nähe zum Ufer des Schweriner Sees, eingebettet in einen naturnahen Landschaftspark, zu den erschütternden Schicksalen der Menschen, die während der NS-Zeit als „lebensunwert“ dort ermordet worden sind“, erklärt Moderatorin Manuela Heberer die Verbindung zum Jahresthema „Landschaft“, mit dem sich MV liest 2021 befasst.
Die Veranstaltungsreihe wird gefördert im Rahmen von „Und seitab liegt die Stadt“, ein Projekt der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und des Literarischen Colloquiums Berlin, welches literaturbezogene Kulturveranstaltungen im ländlichen Raum unterstützt. Die Produktion des Podcasts während der Veranstaltungen ist möglich durch Unterstützung des Landkreises Nordwestmecklenburg.
Die dritte Veranstaltung der Lese- und Podcastreihe „MV liest“ fand am 20. November 2020 in der Hörspiel- und Begegnungsscheune Cramon statt. Diesmal leider ohne Publikum, weil die Kontaktbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie eine öffentliche Veranstaltung nicht zuließen. Dennoch fand das Podcast-Interview von Journalistin Manuela Heberer mit der Autorin Anke Ortlieb am gewohnten Ort statt.
Im Fokus stand das plattdeutsche Kinderbuch „Mäh! Maa! Möh! Versteihst?“ der Rehnaer Autorin Anke Ortlieb, von der auch die Illustrationen stammen. Vor fast genau einem Jahr, im November 2019, wurde sie für ihr Buch mit dem Fritz-Reuter-Literaturpreis geehrt.
Die drei Schafe, über die sie in ihrem Buch schreibt, hat es wirklich gegeben. Rosa, Moppel und Fuch sind drei pfiffige und mutige Schafe auf der Suche nach jemandem der sie versteht und der Platt redet. Denn Hochdeutsch ist eine Fremdsprache für die drei. Daran ist Heini Schuld, ihr alter Bauer, bei dem sie ein wirklich gutes Leben haben. Aber auf einmal ist Heini weg und das gute Schafsleben ist vorbei. Als dann auch noch der Schlachter auf den Hof kommt, ist es Zeit auszubrechen und ein neues Zuhause zu suchen.
Ein Anliegen von Anke Ortlieb ist es, die niederdeutsche Sprache wieder mehr in das Bewusstsein von Kindern und Jugendlichen als Teil der kulturellen Herkunft zu bringen.
Die zweite Veranstaltung der Lese- und Podcastreihe „MV liest“ fand am 16. Oktober 2020 in der Hörspiel- und Begegnungsscheune Cramon statt. Gastautorin Barbara Handke las aus ihrem Buch „Wo ist Norden“, welches in diesem Frühjahr bereits zum zweiten Mal erschienen ist. Barbara Handke ist in Mecklenburg-Vorpommern an der Ostsee geboren und aufgewachsen. Zunächst lernte sie den Beruf der Buchhändlerin, später studierte sie Anglistik und Soziologie, bevor sie als Verlagslektorin tätig wurde. Seit 2004 lebt sie in der Buchstadt Leipzig, Bücher spielten stets eine Rolle in ihrem Leben, „Wo ist Norden“ ist ihr erster Roman. Eine ihrer Hauptfiguren ist Marlene, für die der Mauerfall zunächst ein Glücksfall ist. Endlich kann sie tun, was ihr liegt: ein Gutshaus zu einer Mark auftreiben, dort ein Café eröffnen und ihre Kinder an diesem geradezu magischen Ort aufwachsen lassen. Allerdings hat sie weder mit der Feindseligkeit der Dorfbewohner gerechnet, noch mit der Hartnäckigkeit des alten Gemäuers, immer irgendwo baufällig zu sein. Auch die Familie zieht nicht an einem Strang – ihre Schwiegermutter ist zu dominant, ihr Schwager zu abhängig und Konrad, ihr Mann, womöglich nicht ganz treu. In diesem Dorfkosmos verdichten sich die 1990er-Jahre im Osten, die ganze Widersprüchlichkeit aus Euphorie und Verlust, Orientierungslosigkeit und Aufbruch.
Der Auftakt der Lese- und Podcastreihe „MV liest“ fand am 18. September in der Hörspiel- und Begegnungsscheune Cramon statt. Gastautorin Alina Herbing hat aus ihrem Buch „Niemand ist bei den Kälbern“ gelesen, welches 2017 im Arche-Verlag erschienen ist.
In einer Gemeinde in Nordwestmecklenburg ist Christin gerade auf den Bauernhof ihres langjährigen Freundes Jan gezogen. Die Aufbruchstimmung der Nachwendejahre, die ihre Kindheit prägte, ist längst dahin, doch für Jan ist der väterliche Betrieb trotz sinkender Milchpreise noch immer das Wichtigste im Leben. Christin hingegen will nur weg. Sie träumt von der Großstadt und einem Job im Büro. Aber wo soll sie hin ohne Ausbildung? Es bleiben die immer gleichen Dorffeste, die immer gleichen Freunde, der arbeitslose Vater und der Kirschlikör aus dem Konsum. Als Windkrafttechniker Klaus aus Hamburg auftaucht, sieht Christin einen Ausweg aus ihrem bisherigen Leben.
Alina Herbing, die selbst in Mecklenburg aufgewachsen ist, zeichnet eine unromantische Milieustudie über das Landleben und eine gescheiterte Wende-Generation. „Niemand ist bei den Kälbern“ ist ein Roman über Grenzen und Grenzüberschreitungen, über Landflucht und prekäre Umfelder, über das Leben zwischen Ost und West, gestern und heute, Existenzangst und die Sehnsucht nach Freiheit.
Gemeinsam mit dem Publikum ist Journalistin Manuela Heberer mit der Autorin Alina Herbing ins Gespräch über ihr Buch, dessen Handlung und die Hintergründe gekommen.